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Männliche Dominanz? (Schriftrolle 34)

(Male Dominance? von Ubar Luther)

"Zudem neigt die goreanische Kultur dazu, sei es gut oder schlecht, männlich orientiert und männlich dominiert zu sein..."
(Meuchelmörder von GOR, S. 134)

Jeder weiß, dass männliche Vorherrschaft ein wichtiger Aspekt der goreanischen Philosophie ist. Männliche Dominanz wird als Teil der natürlichen Ordnung gesehen, als biologische Wahrheit. In der Natur folgen alle Primaten dem Prinzip männlicher Dominanz und fast alle Säugetiere ebenso. Eine oberflächliche Lektüre der Gor-Romane vermittelt allerdings ein falsches Bild dieses Konzepts männlicher Dominanz. Die Dominanz des Mannes ist im Prinzip zwar überall gegeben, allerdings nicht absolut. Zahlreiche existierende Ausnahmen belegen, dass die männliche Dominanz auf Gor eine Verallgemeinerung darstellt. Dies scheint eine Tatsache zu sein, die viele Menschen mißzuverstehen scheinen.

Wir wollen zunächst die offensichtlichsten Ausnahmen dieses Prinzips betrachten, Frauen, die hohe Positionen mit großer Macht besetzen. Goreanische Städte können von Frauen in solchen Positionen wie Tatrix, Ubara oder Administratorin regiert werden. Es gibt kein Gesetz auf Gor, das Frauen das Besetzen dieser Positionen verbieten würde. Tharna, Corcyrus und Port Olni wurden alle einmal durch eine Tatrix regiert. Ar, nach der Invasion durch Cos, wird von Talena als Ubara regiert. Nach der Revolte in Tharna regierte eine Frau die Stadt als Administratorin. Die Bürger dieser Städte schienen keine Probleme zu haben, eine weibliche Herrscherin zu akzeptieren. Selbst nachdem in Tharna die gefürchteten Silbermasken vertrieben waren, akzeptierten es die Leute, von einer Frau regiert zu werden.

Diese Frauen besaßen die gleiche Macht, die ein männlicher Herrscher besessen hätte. Sie sind also die mächtigsten Einzelpersonen in ihrer Stadt, über allen anderen, männlich, wie weiblich. Diese weiblichen Regenten können jedes Gesetz veranlassen oder verändern, wenn sie das möchten. Sie können Kriege beginnen, Verträge abschließen, Allianzen eingehen, Steuern eintreiben, Verräter festsetzen und vieles mehr. Diese weiblichen Regenten sind keinem Mann unterstellt. Natürlich können auch solche Frauen versklavt werden, und die meisten Beispiele weiblicher Herrscherinnen in den Büchern erhielten schließlich einen Kragen. Aber das mindert ihre Macht nicht im Mindesten. Auch alle Männer können versklavt werden. Es ist ein Risiko für alle Goreaner jeglichen Geschlechts. Jeder Herrscher kann aus seiner Machtposition vertrieben werden. Selbst der große Marlenus, Ubar von Ar, wurde aus seiner Machtposition vertrieben.

Wenn Frauen Städte regieren können, dann gibt es keinen Grund, warum sie nicht Kasten-Führer oder Mitglieder des Hohen Rates sein sollten. Es steht nichts in den Büchern, das darauf hinweist, dass solche Positionen Frauen verboten wären, obwohl die Bücher keine Beispiele von Frauen in solchen Positionen benennen, denn sie benennen fast keinen der Menschen in derartigen Positionen. Wenn überhaupt sind nur ein paar wenige Kasten-Führer oder Mitglieder des Hohen Rates speziell identifiziert.

Der Status im allgemeinen Leben auf Gor ist auch sehr wichtig. Im Allgemeinen werden die hohen Kasten als den niederen überlegen betrachtet. Darin liegt ja der Grund für die Hierarchie im Kastensystem. Sie ist wichtiger als jeder Unterschied zwischen den Geschlechtern. Eine Frau der Kriegerkaste würde als einem männlichen Bauern überlegen angesehen. Männer der niederen Kasten werden sich meist ehrerbietig gegenüber Frauen höherer Kasten verhalten. Frauen hoher Kasten haben auch mehr legale Rechte, als Männer der niederen Kasten. Zum Beispiel sind sie bei der Abstimmung zur Wahl eines Administrators wahlberechtigt. Frauen sind auf Gor vom Gesetz her berechtigt, alle Arten von Eigentum zu besitzen. Sie können großen Häusern und Geschäften vorstehen. Sie können große Anwesen, Bauernhöfe oder Farmen besitzen.

Männer können versklavt und Eigentum von Frauen werden. Männliche Sklaven sind Sklaven in jeder Hinsicht und stehen unter allen freien Frauen, egal welcher Kaste. Seidensklaven sind männliche Vergnügungssklaven, ausgebildet, Frauen Vergnügen zu bereiten. Wäre die männliche Dominanz absolut, würde man erwarten, dass keine Frau je einen Mann besitzen könnte. Es gibt sogar weibliche Sklavenjäger, die sich mit Sklavenjagd befassen. Panthermädchen und Talunas sind ebenso in der Lage, Männer zu fangen und zu versklaven. Solche Frauen sind sehr dominant in den Gebieten der Wildnis. Außerdem ist die tatsächliche Zahl weiblicher Sklaven auf Gor sehr gering, nur ungefähr 2 bis 3% der weiblichen Bevölkerung. Sklaverei auf Gor ist in Wirklichkeit ungewöhnlich, wenn man die Zahlen um die es dabei geht genau betrachtet.

Warum gibt es all diese Ausnahmen, wenn männliche Vorherrschaft so spezifisch für die goreanische Philosophie ist? Ist "männliche Dominanz" nur goreanische Rhetorik, ein Traum der Massen? Sind all diese Ausnahmen einfach bizarre Abweichungen? Welche Rolle spielt männliche Dominanz auf Gor wirklich?

Die Antwort hängt von der Tatsache ab, dass männliche Dominanz, obwohl sie ziemlich wichtig ist, kein wesentlicher Grundsatz der goreanischen Philosophie ist. Sie ist vielmehr ein Ergebnis eines viel tiefer liegenden Grundsatzes, eines Grundsatzes ohne Ausnahmen. Dieser bildet das Fundament vieler Gesichtspunkte der goreanischen Philosophie und Gesellschaft. Dieser Grundsatz ist einer der klarsten Unterschiede zwischen den Morallehren von Erde und Gor. Es ist ein Grundsatz, den die meisten Menschen der Erde abstoßend finden. Auf der Erde hat dieser Grundsatz zu Völkermord, Krieg, Tyrannei, Sklaverei und anderen Gräueltaten geführt. Die Vereinigten Staaten wurden gegründet, um sich diesem Grundsatz entgegen zu stellen.

Dieser furchtbare Grundsatz besagt, "Menschen sind nicht gleich". Ein Zitat aus den Büchern erklärt diesen Punkt.

"Die Morallehre der Erde, aus goreanischem Blickwinkel, ist eine Morallehre, die für Sklaven angemessener erscheint, als für freie Menschen. Sie könnte als Neid und Missgunst von Untergebenen gegenüber ihren Vorgesetzten betrachtet werden. Sie legt großen Wert auf Gleichheit und darauf, demütig zu sein, freundlich und ohne Reibereien zu sein, liebenswürdig und klein. Es ist eine Morallehre, die am Besten die Interessen von Sklaven vertritt, die nur zu gerne als gleich zu anderen gesehen werden würden. Wir sind alle gleich. Das ist die Hoffnung von Sklaven, es liegt in ihrem Interesse, andere davon zu überzeugen. Die goreanische Morallehre andererseits ist eine der Ungleichheit, ausgehend von der Annahme, dass Individuen nicht gleich sind, sich in vielen Dingen unterscheiden. Man könnte sagen, obwohl es eine zu große Verallgemeinerung ist, es ist eine Morallehre von Herren."
(Die Marodeure von GOR, S. 8)

Dieser Grundsatz erkennt an, dass wir alle Individuen sind, und jedes Individuum sich auf millionenfache Weise von den anderen unterscheidet. Nicht alle Männer sind gleich und auch nicht alle Frauen sind gleich. Menschen werden auf einer individuellen Grundlage beurteilt, ausgehend von ihren Fähigkeiten, ihrer Intelligenz, ihren Mängeln und anderen Dingen. Obwohl die Erde die Wichtigkeit von Individualität anerkennt, betont sie dennoch die grundsätzliche Gleichheit aller. Gor ist eine elitärere Gesellschaft, wo die Fähigsten als besser angesehen werden, als die unter ihnen stehenden. Jeder Mensch ist noch immer wichtig, aber einige werden für wichtiger gehalten, als andere.

Auf Gor ist dieser Grundsatz die Basis der Sklaverei, des Kastensystems mit den Kodizes, dem Zweiten Wissen, ihres Regierungssystems, des Heimsteins und von vielem anderen mehr. Kein anderer Grundsatz ist vermutlich wichtiger oder essentieller für die goreanische Philosophie und Gesellschaft. Trotzdem ist es vermutlich der für Erdenmenschen am schwersten zu akzeptierende Grundsatz, da er im Gegensatz zu vielem steht, an das wir glauben. Viele Länder der Erde begrüßen den Grundsatz, dass alle Menschen gleich sind. Um gegensätzliche Blickwinkel zuzulassen, braucht es einige Arbeit, den vielen Jahren der Konditionierung entgegen zu wirken. Ich habe viele Online-Goreaner getroffen, die nicht gewillt waren, diesen Grundsatz völlig zu akzeptieren, trotz seiner Wichtigkeit für die goreanische Philosophie.

Dieser Grundsatz bietet auch Erklärungen für die weiter oben genannten Ausnahmen von der männlichen Dominanz an. Obwohl sie eine allgemeine Regel darstellt, werden einige Frauen als den Männern überlegen betrachtet, basierend auf Faktoren wie Status, Können und Macht. Zahlreiche Männer werden einer Tatrix oder Ubara folgen, die sich als überlegen erweist. Auch sind nicht alle Männer gleich, und man meint, einige haben es verdient, Sklaven zu sein. Gor legt Wert auf Hierarchien und Männer halten nicht alle oberen Positionen. Das Geschlecht allein legt nicht Status oder Position auf Gor fest. Dies gilt auch für viele andere Aspekte des goreanischen Lebens.

Auch das Kastensystem wurde auf dieser Grundlage aufgebaut. Jeder Mensch in der goreanischen Gesellschaft hat seinen Platz und seinen Rang innerhalb jeden Bereiches. Einem Bauern steht normaler Weise der niedrigste Rang im System zu. Aber diejenigen, die außerhalb des Kastensystems stehen, werden als noch niedriger als selbst die niedrigsten Bauern erachtet. Geächtete und Sklaven, männlich oder weiblich, stehen niedriger als alle anderen im Kastensystem.

In jeder Kaste in den Städten variieren die Leistungen der Mitglieder sehr stark in Bezug auf die jeweiligen Fähigkeiten. Einige sind mitunter nur Lehrlinge, wo andere wahre Meister ihrer Kunst sind. Krieger werden häufig nach ihrem Können bewertet. Das erste Schwert einer Gruppe ist gewöhnlich der beste Schwertkämpfer. Ein Krieger wie Tarl Cabot ist mit Sicherheit eines der besten Schwerter des Planeten. Er kann leicht die meisten der anderen Krieger von Gor besiegen, selbst wenn sie zu mehreren angreifen. Die Kaste der Spieler hat offizielle Ranglisten für all ihre Mitglieder. Goreaner sind stolz auf ihre Fähigkeiten und betreiben von Natur aus gern Wettbewerbe.

Die Ungleichheiten des Kastensystems werden weitergeführt im System des zweiten Wissens. So erzählt man den niederen Kasten bestimmte Unwahrheiten über die Welt, um sie in ihrem Status zu belassen. Man lehrt sie zu glauben, dass die Erde flach sei und dass es Magie gäbe. Dennoch erlaubt das System den höher stehenden Individuen, sich über diese Ebene zu erheben. Die goreanischen Bibliotheken beherbergen die Wahrheit über diese Dinge und sie sind offen für alle, egal ob von hoher oder niedriger Kaste. Ein intelligentes und des Lesens kundiges Mitglied einer niedrigen Kaste kann sich selbst über die Wahrheit hinter diesen Lügen aufklären. Deshalb ist der Platz in der Gesellschaft nicht nur von der Geburt abhängig. Die eigenen Fähigkeiten und das Wissen können jemanden zu höherem Status führen, egal, ob männlich oder weiblich.

Das goreanische Regierungssystem ist nicht demokratisch. Die Hohen Kasten haben meist das Recht, den Hohen Rat zu wählen. Der Hohe Rat bestimmt, oder wählt, abhängig von der Stadt, einen Administrator, der als Exekutive regiert. Den niederen Kasten sagt man, dass, wenn jemals ein Mitglied einer niederen Kaste der Herrscher über eine Stadt werden würde, diese verdammt wäre. Wenn ein Ubar regiert, dann hat eine einzelne Person die Macht an sich gerissen. Er wird nicht in diese Position gewählt. Er regiert so lange, wie er seine Macht behalten kann. Nur die Besten können eine solche Position über längere Zeit halten. Es gibt keine goreanische Stadt, die keinen Herrscher hat oder die wie eine Demokratie regiert wird. Eine Demokratie würde auf Gor als Sklavenregierung angesehen werden, eine Regierung, die sich um Gleichheit bemüht.

Selbst die verschiedenen anderen Kulturen, außerhalb der wichtigen Städte von Gor, wie die Wagenvölker, die Torvaldsländer und die Roten Wilden werden nach dem Grundsatz der Ungleichheit geführt. Sie haben ihre eigenen Regeln und hierarchischen sozialen Strukturen. Jeder hat seinen Platz und einige werden offensichtlich als den anderen überlegen betrachtet. Ubars, Jarls und Häuptlinge regieren dort. Man muss sich seinen Platz als Krieger verdienen oder ein untergeordneter Mensch bleiben.

Wenn man möchte, dass sein jeweiliges Online-Leben die goreanische Philosophie besser widerspiegelt, dann sollte man diesen basalen Grundsatz ernsthaft einbeziehen. Gor wäre ohne ihn eine völlig andere Welt. Gor wäre mehr wie die Erde.

(Übersetzung von Phil)

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